Erste landeskirchliche OPEN STAGE für Männer & Bands der Generation 50+
20. August 2016 – Hemmingen Arnum / Ev.-luth. Friedens-Kirchengemeinde
Autoren: Chiara Bon / Andreas Hülsemann
Mit E-Gitarre unterlegte „Go Johnny, go!“-Rufe johlen über den Vorplatz der südlich von Hannover gelegenen Friedenskirche in Hemmingen-Arnum. Besucher und Zuhörer singen den Rock'n'Roll - Klassiker „Johnny B. Goode“ freudig mit. Der ansonsten eher beschaulich von Bäumen und Bänken umsäumte Platz ist an diesem dritten August-Samstag für fünfundzwanzig aus zahlreichen Teilen der Landeskirche angereisten Hobby-Bandmusiker endgültig zur großen Bühne geworden.
Mit dem Projekt „OPEN STAGE – Männer & Bands 50+“ wird Männern aus der Beatles- und Rolling-Stones Generation die Möglichkeit gegeben, wieder einmal richtig zu rocken. Sie folgen damit einer gemeinsamen Einladung von net.p, dem neuen landeskirchlichen netzwerk popularmusik, vom Männerwerk der hannoverschen Landeskirche und dem evangelischen Kirchenkreis Laatzen-Springe.
„Wir haben uns etwas Neues, etwas Frisches einfallen lassen und wollen Männer erreichen, die in unseren Gemeindehäusern eher seltener anzutreffen sind“, so Henning Busse, Landespastor für Männerarbeit. „Hier können sie ganz unverkrampft zusammen kommen. Jeder bringt sich mit seinen Fähigkeiten ein. Dabei steht der Spaßfaktor eindeutig im Vordergrund.“
Open Stage
Die OPEN STAGE in Arnum bietet 25 Männern eine Mischung aus kurzen Workshops mit anschließender Vorstellung der erarbeiteten Bandstücke auf einer Open Air-Bühne. Songs und Evergreens aus Rock, Pop und Jazz stehen auf dem Programm und sollen mit Unterstützung von Bandprofis in einstündigen Probenblöcken eingeübt werden. Mit Popkantor Til von Dombois, Bassist Mario Ehrenberg-Kempf sowie den Schlagzeugern Johannes Lange-Kabitz und Alexander Veth stehen dafür ausgebildete Dozenten und Profi-Musiker zur Verfügung, die fast alle bereits in vorangegangenen Bandworkshops mit Männern 50+gearbeitet haben.
Im Gemeindehaus der Friedens-Kirchengemeinde ist schon früh Betrieb. Vier Bandräume sind komplett auszustatten mit Instrumenten, Schlagzeugen, Mikrophonen, Verstärkern und Zubehör. Der erste Workshop startet um Punkt 10.00 Uhr. Die angereisten Gitarristen, Bassisten, Bläser, Sänger und Keyboarder wurden zuvor in vier Workshop-Bands aufgeteilt und erarbeiten nun vorher ausgewählte Titel anhand eines sogenannten Leadsheets. Das ist ein für Bandmusik typisches, oft lediglich einseitiges Notenblatt mit Melodie, Akkorden und Ablauf eines Stückes. In drei einstündigen Arbeitsphasen kommen so insgesamt zwölf Songs zustande. Zwischen den Proben bleibt genügend Zeit fürs gegenseitige Kennenlernen und für den Austausch von Tipps und Tricks unter Musikern.
Alle sind mit unterschiedlichen Vorkenntnisse angereist, von Anfänger bis Profi ist alles vertreten. Die Dozenten passen sich dem Arbeits- und Lerntempo der Musiker an, unter- und überfordern sie nicht. „Diejenigen, die schon fortgeschritten sind, beugen sich ein wenig und ziehen die weniger Erfahrenen hoch. Und umgekehrt: die Fortgeschrittenen machen sich klar, dass die sogenannten Basics wie rhythmische Sicherheit und Groove für Bandmusik elementar sind“, freut sich Mitinitiator Andreas Hülsemann über den solidarischen Umgang der Musiker untereinander. Es gehe bei der OPEN STAGE zwar auch darum, musikalisch weiter zu kommen, aber eben nicht um Leistungsvergleich oder gar Perfektion.
Rockin' all over the world
Für manche Männer öffnen sich so, entspannt und engagiert zugleich, längst verlorene Klangräume aus alten Zeiten neu. Die Freude darüber ist in den Gesichtern zu erkennen und im Zusammenspiel zu hören; besonders bei den Klassikern wie „Cocain“, „Ain't no sunshine“, „Smoke on the water“ oder „Rockin´ all over the world“.
Nachmittags sind dann die Workshop-Songs in einer Art Werkstattkonzert zu hören. Voller Adrenalin rocken die Männer die eigens installierte, professionelle Open Air-Bühne. Dass dabei ab und zu auch mal ein schiefer Ton rausrutscht, interessiert hier niemanden, auch nicht die zahlreichen Zuhörer, die auch überwiegend 50 plus sind und auf diese Weise selbst auf eine Reise in die eigene musikalische Vergangenheit mitgenommen werden.
Weitere Männerbands schließen sich an. „The Unchained“ zum Beispiel, die sich im August 2014 nach einem regionalen Bandworkshop für Männer 50+ zusammengefunden haben und seitdem wöchentlich in Hemmingen bei Hannover proben. Dass sich das lohnt, zeigt die fünfköpfige Formation heute mit ihrem sehr homogenen, überzeugend-erdigen Sound. Später lassen die Dozenten ihr Können aufblitzen, u.a. Mario Ehrenberg-Kempf mit einem gefühlvollen Bass-Solo und ebenso Til von Dombois mit seiner Popkantor-Band. Auch der textlich leicht abgewandelte, als Hommage an die männlichen Teilnehmer zu verstehende Klassiker der Temptations aus den Siebzigern fehlte nicht: „Papa is a rolling stone“.
Am Ende des intensiven Programms mit Workshops und Live-Auftritten sind nicht bloß die teilnehmenden Männer und Bands überaus zufrieden: “Trotz der zahlreichen Anforderungen und der zu verarbeitenden Eindrücke an einem solchen Tag haben alle Teilnehmer durchweg mitgezogen“, bilanziert Bandcoach Mario Ehrenberg-Kempf den Tag und legt noch einen drauf: „Männer dieser Genration sind musikalisch super aufnahmefähig, motiviert und ganz und gar bei der Sache.“ Genauso begeistert zeigt sich auch net.p-Leiter Andreas Hülsemann von der erstmals in diesem Format angebotenen OPEN STAGE: „Es ist immer wieder überraschend, wie schnell durch Musikmachen in einer Band Gemeinschaft und Offenheit füreinander entstehen, und nicht zuletzt auch erstaunlich hörenswerte Livemusik, einfach großartig!“
Wer weiß, vielleicht ist dieser Tag für manchen der Männer ja Motivation und Antrieb, sei es erstmalig oder endlich mal wieder, in einer Band zu spielen.